Trotz Fachkräftemangel: Altersdiskriminierung im Job
Über 31.000 Menschen in SH, die über 50 Jahre alt sind, haben aktuell keinen Job. Wieder ins Berufsleben einsteigen, ist schwer. Immer wieder werden sie diskriminiert auf auf Grund ihres Alters.
Die aktuellen Arbeitslosenzahlen zeigen, dass 33,7 Prozent der Arbeitslosen in Schleswig-Holstein über 50 Jahre oder älter sind. Dabei handelt es nicht nur um Langzeitarbeitslose, sondern auch um qualifizierte Fachkräfte. "Die Chance auf einen neuen Job ist immer dann gut, wenn die Wirtschaft gut läuft. Läuft es nicht so gut, verliert der Arbeitsmarkt an Dynamik, die Stellenangebote gehen zurück. Dann steigen nicht nur für Schwerbehinderte, Ungelernte und Langzeitarbeitslose die Herausforderungen, sondern auch für die mit Berufserfahrung", so interpretiert Knut Böhrnsen, der Sprecher der Bundesagentur für Arbeit in Schleswig-Holstein, die aktuellen Zahlen aus dem November.
Suche nach 'jungem, dynamischem Team' schließt Ü50 aus
"Was wir sehr häufig sehen ist, dass schon Stellenausschreibungen für bestimmte Altersgruppen formuliert werden und damit wiederum andere ausgeschlossen werden. Wer ein 'junges, dynamisches Team' sucht, sagt damit schon aus, dass jemand mit über 50 eigentlich nicht erwünscht ist", berichtet Samiah El Samadoni, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle in Schleswig-Holstein. Außerdem melden sich immer wieder ältere Arbeitnehmende und berichten, dass ihnen Weiterbildungen oder bestimmte Aufgaben nicht mehr zugetraut werden.
Studie zeigt: Jeder Vierte über 50 wurde schon mal im Job diskriminiert
Das Internetjobportal Xing mit Sitz in Hamburg hatte im Mai eine repräsentative Studie mit 1.000 Personen über 50 gemacht. Jeder vierte Teilnehmende wurde nach eigenen Angaben schon einmal im Beruf auf Grund des Alters diskriminiert. In der Gruppe der 50- bis 67-Jährigen, also denjenigen, die noch berufstätig sind, haben sogar über 34 Prozent schon einmal Altersdiskriminierung erfahren, so die Ergebnisse der Studie. In den meisten Fällen ging die Diskriminierung von einer Führungskraft aus, und Frauen waren häufiger betroffen als Männer.
Forderung nach mehr Diversität - auch IHK wirbt für ältere Beschäftigte
Sowohl die IHK Schleswig-Holstein als auch die Landesbeauftragte für Antidiskriminierung Samiah El Samadoni sprechen sich für altersdurchmischte Teams im Beruf aus. "Es ist ja auch von Vorteil, weil man dann nicht eine große Altersgruppe hat, die gleichzeitig in den Ruhestand geht. Und man mit einem Mal viele Stellen nachbesetzen muss. Sondern wenn man ein gemischtes Team hat, das sich kontinuierlich weiterentwickeln kann." Die IHK schlägt außerdem Mentorenprogramme und Wissensaustausch vor. So können erfahrene Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ihr Wissen an die jüngeren Kolleginnen und Kollegen weitergeben.
Unternehmen in Schleswig-Holstein können sich der Charta der Vielfalt anschließen
155 Arbeitgeber im Land haben inzwischen auch die Charta der Vielfalt unterzeichnet. Damit verpflichten sie sich, ein vorurteilsfreies Arbeitsumfeld für alle Beschäftigten zu schaffen, unabhängig von Alter, ethnischer Herkunft und Nationalität, Geschlecht, körperlichen und geistigen Fähigkeiten, Religion und sexueller Orientierung.
Wo gibt es Hilfe bei Altersdiskriminierung im Beruf?
Wer sich durch einen Arbeitgeber diskriminiert fühlt, kann dagegen gerichtlich vorgehen. So können Entschädigungszahlungen erstritten werden. "Die meisten bekommen den Job dann trotzdem nicht, aber zum Beispiel drei Monate Gehalt. Und das motiviert Arbeitgeber unter Umständen ja auch, beim nächsten Mal anders vorzugehen", rät Samiah El Samadoni. Die Antidiskriminierungsstelle des Landes in Kiel kann dabei wichtiger Anlaufpunkt sein. Dort erhalten Menschen unter anderem rechtlichen Rat und die Beraterinnen und Berater gehen ins Gespräch mit den Arbeitgebern.